Die Camarguepferde (Frankreich)

»Das sumpfige Reich« nannten die keltisch ligurischen Stämme Südfrankreichs eine Flussinsel im Rhòne-Delta, in ihrer Sprache war das Wort dafür Camar. Noch heute heißen diese rund 730 Quadratkilometer Urlandschaft so, allerdings schreibt man ihren uralten Namen im modernen Französisch Camargue. Zahllose Touristen kommen alljährlich hierher, in die Region zwischen dem Mittelmeer, der Rhöne und der uralten Stadt Aigues-Mortes, um die berühmten weißen Pferde und schwarzen Kampfstiere zu sehen.

Wo immer sich auch die Wurzeln der Rasse in grauer Vorzeit verlieren mögen, Tatsache ist, dass sie über Spanien eine Beimischung iberischen und berberischen Blutes erfuhren. Seit 1968 gibt es ein eigenes Stutbuch, die Population wird von der Versuchsstation Tour du Valat betreut.

Das Exterieur

Von Henry Aubanel stammt auch die schönste Beschreibung der crinblanc [franz., Weißhaarig]: »Die Augen sind lebhaft und groß und verleihen dem Pferd einen intelligenten Ausdruck. Dem Hals, wenn auch kurz, fehlt es nicht an Eleganz und Geschmeidigkeit. Die Schulter ist gerade, die Brustpartie tief, nicht immer breit. Es trägt einen breiten, tief angesetzten Schweif, der Widerrist hebt sich kaum ab. Der Camarguais durchschreitet und durchschwimmt Sümpfe, schlammige Gräben, Moore und Flüsse. Es ist eine schwierige und mühselige Aufgabe, ihn zu zähmen. Ist dies aber gelungen, dann wird er zum treuen Genossen des Gardian, des Hirten, der ohne ihn seine Arbeit nicht leisten könnte.«

Merkmale und Verwendung

Trittsicher, unerschrocken und bei nur mittlerer Größe mit einem Stockmaß von 135 bis zu 152 cm ein hervorragender Gewichtsträger, verfügen die Pferde über das, was man bei Westernpferden den cow sense [engl., Rinderverstand] nennt. Diese Fähigkeit, alle Bewegungen und Reaktionen der wilden Rinder vorauszuahnen, machen Camarguepferde zu unentbehrlichen Helfern bei der Arbeit mit den wilden schwarzen Stieren.

Aufgrund ihres guten Charakters eignen sich diese Tiere jedoch nicht nur als Hüte-, sondern auch vorzüglich als ideale Familien- und Freizeitpferde. Ihr maurisches und iberisches Erbe verlieh ihnen außerdem eine große Begabung für die Dressur, ja sogar die hohe Schule. Charakteristisch sind seine Gänge. Der lange mit viel Aktion greifende Schritt, ein extrem kurzer und abgehackter, daher meist kaum gerittener Trab und der wieder freie bequeme Kanter beziehungsweise Galopp. Vielen, denen ein Andalusier oder Lusitano zu groß und nicht robust genug ist, kommen irgendwann einmal auf das weiße Pferd aus den Sümpfen Südfrankreichs.

Die harten und sehr genügsamen Camarguepferde sind ausgesprochen spätreif, mit fünf oder auch erst sieben Jahren ausgewachsen, und bekannt für ihre Langlebigkeit. Ihre Verbreitung im deutschsprachigen Raum ist eher dürftig, ja selten.

In Deutschland gibt es zur Zeit cirka 300 Exemplare, wobei besonders im Norddeutschen Raum diese Rasse noch weitgehend unbekannt ist.

                                                                 ÓPeter Prehm, Hamburg